Das Gefängnis von Saint Laurent

Der große Gefängniskomplex, auch als Camp de la Transportation bekannt, war im Zeitraum von 1852 bis 1953 mit ungefähr 70000 Gefangenen eines der größten Straflager in Französisch Guyana. Einen Besuch dieses Lagers hatten wir uns schon lange vorgenommen, doch da Führungen in englischer Sprache nur selten angeboten wurden, kamen wir erst jetzt dazu.

Nachdem wir im Tourismusbüro für 6€ pro Person unsere Eintrittskarten erworben hatten, machten wir uns zum angrenzenden Gefängniskomplex auf. Hier wurden wir direkt in Empfang genommen und in Gruppen aufgeteilt. Von Vorteil war, dass wir in unserer englischsprachigen Gruppe nur zu viert waren. Im Gegensatz zur 30 Personen starken französischen Gruppe, wurde uns eine sehr individuelle Führung zuteil.

Es gab nur einen Zugang, der nach dem Torbogen zwischen zwei Verwaltungsgebäuden, zum 235 Meter auf 120 Meter großen Gefängniskomplex führte. Fast alle in Frankreich Verurteilten kamen zuerst im Durchgangslager Saint-Laurent du Maroni an und gingen durch dieses Tor. Anschließend wurden sie nach der Eingangsuntersuchung und der Schwere ihrer Verurteilung auf die verschiedenen Arbeitslager und Haftanstalten von Französisch Guyana verteilt.

Das Gefängnisareal war in 2 Bereiche aufgeteilt. Auf der größeren Fläche in Verlängerung des Eingangstors befanden sich 12 zweistöckige Häuser, die für je 100 Gefangene ausgelegt waren. Laut unserem Führer lebten jedoch ständig 1500 Häftlinge hier.

In diesem Haus war neben der Küche und einer kleinen Kapelle auch der Untersuchungsraum des Doktors untergebracht. Er versuchte in Studien zu bestätigen, dass kriminelle Menschen andere Körpermerkmale aufweisen als normale Menschen. Makabererweise wurden alle durch die Guillotine abgeschlagenen Köpfe der Häftlinge noch bis nach der Schließung der Straflager in Cayenne aufbewahrt.

Unterschieden wurden die Häftlinge nach:

Die Transportierten

Diese Sträflinge wurden nach Französisch-Guayana deportiert, um ihre Zwangsarbeitsstrafen nach einem sehr schweren Verbrechen, wie z.B. bewaffneter Überfall, Mord, schwerer Diebstahl usw., abzuleisten. Dabei reichte ihre Haftstrafe von mehreren Jahren bis lebenslänglich. Sie stellten mit 50.000 die größte Gruppe dar.

Die Befreiten

Nach Ablauf ihrer Haftzeit wurden die Transportierten zu Befreiten. Obwohl sie befreit wurden, mussten sie in Französisch-Guayana unter der Strafvollzugsaufsicht bleiben. Sofern ihre Haftstrafe weniger als 8 Jahre betrug, mussten sie für die gleiche Anzahl von Jahren in Französisch-Guayana bleiben. Bei einer Haftstrafe von mehr als 8 Jahren, war eine Rückkehr nach Frankreich nicht mehr möglich.

Die Verbannten

Sie waren keines schweren Verbrechens beschuldigt, waren aber meist mehrfach straffällig geworden. Diese Männer wurden unter die Kontrolle des Gefängnisses gestellt, aber keiner Zwangsarbeit unterworfen. Wurde ihr Verbrechen jedoch hier als schwer eingestuft oder sie wurden hier erneut auffällig, so mussten sie arbeiten und wurden nachts eingesperrt. Diese Sammelverbannung erfolgte im Lager St. Jean. Die anderen Verbannten hatten ihre Freiheit, mit der Erlaubnis, dort zu leben, wo es ihnen
gefiehl. Sie machten mit ungefähr 18.000 Männern die zweitgrößte Gruppe aus.

Politische Gefangene

Die wegen politischer Verbrechen, wie Spionage, Landesverrat, Fahnenflucht oder Geldfälschung, oder auch wegen missglückter Fluchtversuche verurteilten Häftlinge, wurden auf die Iles du Salut geschickt. Eine Flucht von dort galt als unmöglich.

Als nächstes besuchten wir den zweiten in sich geschlossenen Abschnitt des Straflagers, den wir durch die Kleiderausgabe betraten. Hier bekam jeder Gefangene 2 Satz Kleidung für den Zeitraum von 2 Jahren.

Anschließend folgten 4 Blockhäuser, die für jeweils 40 Häftlinge ausgelegt waren.

Meistens waren sie aber mit bis zur doppelten Anzahl von Insassen belegt. Die Fenster der Räume wurden zur Verschärfung der Strafe für 22 Stunden am Tag abgedunkelt. Je nach Schwere des Vergehens wurden die Häftlinge zusätzlich auf den bloßen Steinpritschen an den Beinen festgekettet. Der Kübel der Latrine wurde ebenfalls nur alle 2 Tage geleert. Diese Zustände, ohne Luftbewegung bei diesem tropischen Klima, waren nahezu unvorstellbar, aber noch nicht der Höhepunkt.

Daran schlossen sich 2 Blocks mit jeweils 20 Einzelzellen an . In einem Block waren die Häftlinge untergebracht, die auf den Abtransport zu den Iles du Salut warteten.

Im anderen Block, auch Cartier Special genannt, wurden die zum Tode veruteilten Häftlinge untergebracht. Beim genauen Hinsehen konnten wir die Inschrift gerade noch erkennen. Wer hier einsaß wusste nur, dass er unter der Guillotine enden würde, jedoch nicht wann.

Bis zum Ende des Gefängnisgeländes folgten noch 4 weitere Blocks mit Einzelzellen.

Ausser einer Pritsche gab es in der 1,8m breiten und 2 m langen Zelle nichts.

Der 4. Block war den besonders schweren Fällen vorbehalten. Henri Charrière, der durch den Roman Papillon und dessen Verfilmung bekannt wurde, sass in der Zelle mit der Nummer 47 ein.

Hier hat er sich gleich zweimal verewigt. Einmal während seiner Inhaftierung (unten) und einmal als er das Gefängnis nach seiner Begnadigung im Jahre 1970 nocheinmal besuchte.

Der Platz der Guillotine war für viele Gefangene das Ende ihrer Haft. Der zum Tode verurteilte Häftling bekam die Vollstreckung erst einen Tag zuvor mitgeteilt. Nach einem letzten Mahl, 1 Glas Rum, 1 Liter Wein und 1 Zigarette, hatte er nur noch die Entlassung aus der Haft zu unterschreiben.

Einer der zwei Plätze für die Guillotinen befand sich in direkter Nähe des Trinkwasserbrunnens. Da es damals auf dem gesamten Gefängnisareal nur Sandboden gab, kontaminierte das Blut der Geköpften regelmäßig das Trinkwasser der Gefangenen.

1946 wurden die Strafkolonien in Französisch-Guayana offiziell geschlossen, aber erst im August 1953 verließen die letzten 132 Häftlinge das Gefängnis von Saint Laurent. 1990 kaufte die Stadt Saint-Laurent den Gefängniskomplex und im Jahre 1994 wurde es zum nationalen historischen Denkmal erhoben.

3 Gedanken zu „Das Gefängnis von Saint Laurent“

  1. Wenn ich diese Zeilen lese, stockt mir der Atem.( Es waren Verbrecher- das darf man nicht vergessen. )

    Vielen Dank, ich lese mit Begeisterung Eure Erlebnisse.

    SY Cina

  2. Papillion habe ich gelesen und den Film gesehen. Die Wirklichkeit scheint mir noch schlimmer gewesen zu sein. Interessant und spannend, aber auch bedrückend und unmenschlich, aber auch wichtig, daran zu erinnern.
    Gönnt euch noch was schönes 😏. Liebe Grüße IundJ

    1. Hallo Ingrid,
      stimmt, müssen schon unwahrscheinlich unmenschliche Zustände gewesen sein. Alleine das erste Jahr im Straflager überlebten nur ca. die Hälfte der Deportierten
      Gruss H&R

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