Kurs Nord

Zunächst konnten wir unserem Ziel, La Linea in Spanien, bei leichten Winden gut entgegensegeln. Es gab jedoch auch Überraschungen, auf die wir gerne verzichtet hätten.

Es fing damit an, dass wir immer wieder einen Schwall von verbranntem Kunststoff riechen konnten. Nach ein paar Minuten war klar, hier stimmt etwas nicht. Unter Deck in der Achterkajüte dicker beissender Qualm. Sofort habe ich alle Stromkreise abgeschaltet und die Batteriebänke kontrolliert. Hier war alles in Ordnung. Der Rauch kam aus den Kleiderschränken, doch da konnte nichts sein. Also zur dahinterliegenden Backskiste. Deckel auf und dann war klar, hier kokelt etwas. Die einzigen Leitungen, die richtig Strom führen, sind die von den Solarzellen und vom Windgenerator.

Da der Windgenerator nicht in Betrieb war, habe ich die Zuleitung von den Solarzellen oberhalb der Decksdurchführung abgetrennt. Und das Selbe machte ich in der Backskiste bevor das Kabel in der Wand zur Achterkabine verschwindet.

Damit hörte die Rauchentwicklung und der Funkenflug, der in der dunklen Backskiste gut zu sehen war, sofort auf. Die Decke war schwarz verkokelt und sehr heiß.

An dem herausgetrennten Kabelstück kann man noch erkennen, dass an dieser Stelle einst eine geschraubte Kabelverbindung war. Ein schlechter oder korrodierter Kontakt war höchstwahrscheinlich der Auslöser des Kabelbrandes. Hier war wohl der Vorbesitzer zu bequem gewesen, das Kabel in einem Stück bis zum Geräteträger zu verlegen. Um die Energieversorgung wieder herzustellen, habe ich nach ein paar Stunden die zwei Kabelenden zunächst provisorisch, aber dennoch fachgerecht, miteinander verbunden.
Das Ganze kopfüber und bei Seegang in der immernoch stinkenden Backkiste, nicht unbedingt ein Vergnügen.

Der Rest der Reise verlief dafür sehr ruhig Der Besuch von Delfinen ist hier eher normal. Rita hatte sich am 2. Tag auch wieder von der Seekrankheit erholt. 4 Monate ohne Seegang hatte sie völlig entwöhnt. Weiter ging es mit viel Schiebestrom durch die Strasse von Gibraltar ins Mittelmeer.

Es ist gigantisch wie hier das Wasser auf Grund des Höhenunterschieds von ca. 3m vom Atlantik zum Mittelmeer durch diese Meeresenge gepresst wird. Mit einem Schiebestrom von 3 kn fliegen wir geradezu durch die Engstelle zwischen Afrika und Europa. Vom Wellenbild kommen wir uns vor, als ob wir auf einem Fluss fahren würden.

Und so kommt „The Rock“ von Gibraltar auch schnell näher. Unser Ziel, La Linea in Spanien, liegt direkt an der Grenze zu Gibraltar.

So geniessen wir nun den herrlichen Sonnenuntergang und freuen uns, heil wieder in der EU angekommen zu sein. Das hätte auch ins Auge gehen können.

5 Gedanken zu „Kurs Nord“

  1. Hallo Ihr beiden,
    unsere herzlichsten Glückwünsche zur Rückkehr in die EU..und zum überstandenen Kabelbrand, da wird einem ja ganz mulmig.
    Hier im Norden gibt es inzwischen wieder Raum zum Segeln und skurrile Einreisevorschriften, z.B. dürfen nach Finnland Touristen nur aus Dänemark, Norwegen, Island und dem Baltikum sowie alle Schengen-Bewohner, wenn sie mit dem eigenen Boot kommen (Hurra!). Flying Turtle liegt deshalb seit vorgestern in Mariehamn auf den Aland-Inseln, Schweden haben wir bei der Anreise an Backbord liegen gelassen.
    Wir sind gespannt wie es bei Euch weitergeht.
    Viele Grüße aus Mariehamn
    Claudia und Felix

    Ihr findet uns auch unter https://syflyingturtle.wordpress.com

    1. Hi Oli,
      Da hast du vollkommen Recht, immer dieses biegeschlaffe Gelumpe. ?

  2. Uiuiui, das hätte ins Auge gehen können. Umso besser, dass ihr gut angekommen seid und auf dem Weg noch Delfine gesichtet habt.

  3. Puh, da habt ihr aber Glück gehabt. Gute Erholung nach dem Schreck. ?

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